Schlafapnoe und Übergewicht: Teufelskreis

Schlafbezogene Atmungsstörungen wie die obstruktive Schlafapnoe stehen in einem engen Zusammenhang mit Übergewicht. Viele Ärzte empfehlen ihren Patienten deshalb, Gewicht zu verlieren, um Atemaussetzer im Schlaf zu verringern. Doch die Frage bleibt: Ist Übergewicht die Ursache für Schlafapnoe – oder führt die Schlafapnoe selbst zu Gewichtszunahme? Studien und klinische Erfahrungen zeigen, dass beide Richtungen zutreffen können. Der folgende Text erklärt detailliert, wie Schlafapnoe und Übergewicht zusammenhängen, welche Rolle Sauerstoffmangel spielt und warum eine ursächliche Therapie entscheidend ist.

Schlafapnoe und Übergewicht: Teufelskreis
Schlafapnoe und Übergewicht: Teufelskreis

Das Wichtigste in Kürze

  • Über 95 % der Schlafapnoe-Patienten sind übergewichtig, rund 50 % adipös.
  • Übergewicht kann durch Fetteinlagerungen im Hals Schlafapnoe begünstigen.
  • Schlafapnoe kann selbst Übergewicht verursachen, da Hypoxie den Stoffwechsel stört.
  • Gewichtsreduzierung lindert Symptome, heilt aber nicht immer die Ursache.
  • Eine ursächliche Therapie verbessert Sauerstoffversorgung und erleichtert Abnehmen.

Führt Übergewicht zu Schlafapnoe oder Schlafapnoe zu Übergewicht?

Beides ist möglich: Übergewicht fördert Atemaussetzer durch Fetteinlagerungen im Hals, während Schlafapnoe durch Sauerstoffmangel den Stoffwechsel hemmt und so Gewichtszunahme begünstigt.

Schlafapnoe und Übergewicht – was sagt die Statistik?

Die statistischen Daten verdeutlichen den engen Zusammenhang zwischen Übergewicht und Schlafapnoe. Laut Statistischem Bundesamt waren bereits 2018 knapp zwei Drittel aller Männer in Deutschland übergewichtig. Rund 18 % der Gesamtbevölkerung leiden unter Fettleibigkeit. Betrachtet man jedoch Patienten mit Schlafapnoe, zeigt sich ein noch deutlicheres Bild. Eine Auswertung der MEOCLINIC in Berlin ergab, dass über 95 % aller Apnoiker übergewichtig sind. Etwa die Hälfte ist sogar adipös.

Damit liegt der Anteil deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Diese Zahlen belegen, dass die Wahrscheinlichkeit für Schlafapnoe bei Übergewicht stark erhöht ist. Gleichzeitig unterstreichen sie, dass das Risiko der Gewichtszunahme durch Schlafapnoe nicht unterschätzt werden darf. Betroffene tragen also ein doppeltes Risiko. Einerseits verstärken zusätzliche Kilos die Atemaussetzer, andererseits führt die Erkrankung selbst zu einer erschwerten Gewichtskontrolle. Diese wechselseitige Beziehung macht die Behandlung besonders komplex und zeigt, dass einfache Empfehlungen zur Gewichtsreduktion oft nicht ausreichen.

Kann Übergewicht Schlafapnoe verursachen?

Übergewicht führt nachweislich zu anatomischen Veränderungen, die das Risiko für Schlafapnoe erhöhen. Fettpolster lagern sich nicht nur am Bauch oder an den Hüften ab, sondern auch am Hals. Sie drücken von außen auf die Atemwege und engen den Luftstrom ein.

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Besonders gefährdet sind Menschen mit einem Doppelkinn oder einem großen Halsumfang. Bei Männern steigt das Risiko ab 43 cm Halsumfang, bei Frauen ab 38 cm. Wenn die Rachenmuskulatur im Schlaf erschlafft, können die eingeengten Atemwege kollabieren. Die Folge sind Atemaussetzer, die in ihrer Häufigkeit und Schwere mit dem Ausmaß der Fetteinlagerungen zunehmen.

Studien zeigen, dass eine deutliche Gewichtsabnahme zu einer Reduktion des CPAP-Therapiedrucks führt. In manchen Fällen können Betroffene nach erfolgreicher Gewichtsabnahme sogar vollständig auf die Atemmaske verzichten. Dennoch ist diese Entwicklung nicht garantiert, da anatomische Ursachen bestehen bleiben können. Klar ist jedoch: Jedes Kilo weniger entlastet die Atemwege und verbessert die Schlafqualität erheblich.

Warum Schlafapnoe auch ohne Übergewicht bestehen bleibt

Nicht jeder Schlafapnoiker kann seine Erkrankung allein durch Abnehmen besiegen. Bei vielen Patienten liegen die Ursachen nicht im Gewicht, sondern in strukturellen Besonderheiten. Häufig spielen Kieferfehlstellungen, wie eine Rücklage von Ober- oder Unterkiefer, eine Rolle. Auch Weichgewebeanomalien wie eine übergroße Zunge können den Rachenraum verengen.

In solchen Fällen führt eine Gewichtsreduktion lediglich zu einer leichten Besserung der Symptome, aber nicht zu einer Heilung. Zudem zeigt die Erfahrung, dass Schlafapnoe selbst eine Gewichtszunahme fördern kann. Durch die Schlafstörungen kommt es zu Hormonverschiebungen, die den Appetit steigern. Insbesondere das Sättigungshormon Leptin wirkt abgeschwächt, während das Hungerhormon Ghrelin verstärkt ausgeschüttet wird. Patienten verspüren dadurch häufiger Heißhunger, besonders auf kalorienreiche Nahrungsmittel. So entsteht ein Teufelskreis aus gestörtem Schlaf, Gewichtszunahme und verschlimmerter Apnoe.

Hypoxie: Der unsichtbare Faktor bei Übergewicht

Ein oft unterschätzter Mechanismus bei Schlafapnoe ist die sogenannte Hypoxie. Damit ist ein Sauerstoffmangel im Körper gemeint, der durch die wiederholte Verengung der oberen Atemwege entsteht. Mit jedem Atemzug gelangt weniger Sauerstoff in die Lungen, was den gesamten Stoffwechsel beeinträchtigt. Die Zellatmung funktioniert ähnlich wie die Verbrennung in einem Motor: Sauerstoff wird benötigt, um Nährstoffe in Energie umzuwandeln. Fehlt er, läuft der Prozess unvollständig ab.

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Die Folge: Statt Energie zu produzieren, speichert der Körper ungenutzte Kalorien in Form von Fett. Diese Art von „kalter Verbrennung“ führt langfristig zu Übergewicht oder Adipositas. Eine englische Studie aus dem Jahr 2012 konnte diesen Zusammenhang wissenschaftlich belegen. Besonders tückisch ist, dass Betroffene oft trotz Ernährungsumstellung und Bewegung nur schwer abnehmen. Der Grund liegt nicht in mangelnder Disziplin, sondern in der beeinträchtigten Sauerstoffversorgung. Erst wenn die Atmung stabilisiert wird, kann der Körper effektiv Fett verbrennen.

Folgen von Übergewicht und Schlafapnoe für die Gesundheit

Das Zusammenspiel von Übergewicht und Schlafapnoe wirkt sich gravierend auf die Gesundheit aus. Adipositas gilt als Risikofaktor für zahlreiche Folgeerkrankungen. Dazu gehören Diabetes Typ 2, Bluthochdruck, Gelenkschäden, Herzinfarkte, Schlaganfälle und sogar bestimmte Krebsarten. Die volkswirtschaftlichen Kosten sind enorm, da allein in Deutschland Milliardenbeträge jährlich für die Behandlung aufgewendet werden müssen. Neben den finanziellen Belastungen steht aber vor allem die Lebensqualität im Vordergrund.

Betroffene leiden unter Tagesmüdigkeit, Konzentrationsproblemen und eingeschränkter Leistungsfähigkeit. Hinzu kommt eine verkürzte Lebenserwartung. Schlafapnoe verstärkt diese Risiken zusätzlich, da der Körper durch Hypoxie permanent unter Stress steht. Blutdruckspitzen in der Nacht belasten Herz und Kreislauf, während der Stoffwechsel weiter gestört wird. Eine wirksame Therapie muss daher beide Aspekte berücksichtigen: die Behandlung der Atemaussetzer und die gezielte Reduktion des Körpergewichts. Nur so lassen sich langfristig Gesundheitsschäden vermeiden.

Bessere Chancen auf Gewichtsabnahme nach ursächlicher Therapie

Eine nachhaltige Gewichtsreduktion gelingt vielen Schlafapnoikern erst, wenn die Atmungsstörung selbst behandelt wird. Operationen wie die Kiefervorverlagerung mit Rotation können die Atemwege dauerhaft erweitern. Dadurch verbessert sich die Sauerstoffversorgung, und der Stoffwechsel normalisiert sich. Patienten berichten häufig, dass sie nach einer solchen ursächlichen Therapie schneller Gewicht verlieren. Ernährungsumstellungen und sportliche Aktivitäten zeigen dann eine deutlich bessere Wirkung.

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Der Grund ist einfach: Mit ausreichend Sauerstoff kann der Körper Fette und Kohlenhydrate endlich wieder vollständig in Energie umwandeln. Zusätzlich sinkt das Risiko für Folgeerkrankungen wie Diabetes oder Herz-Kreislauf-Probleme. Wichtig ist aber, dass die Patienten nicht nur operativ behandelt werden, sondern auch langfristig ihren Lebensstil anpassen. Nur so kann das erreichte Gewicht gehalten werden. Eine Kombination aus ursächlicher Therapie, Bewegung und gesunder Ernährung bietet die besten Chancen auf eine dauerhafte Verbesserung der Gesundheit.

Fazit

Schlafapnoe und Übergewicht sind eng miteinander verbunden und verstärken sich gegenseitig. Übergewicht begünstigt Atemaussetzer, während Schlafapnoe den Stoffwechsel hemmt und so Gewichtszunahme fördert. Eine reine Gewichtsabnahme reicht daher oft nicht aus. Erst durch die Behandlung der zugrunde liegenden Atemstörung wird es möglich, effektiv und dauerhaft abzunehmen. Wer Schlafapnoe ernst nimmt und gezielt behandelt, gewinnt nicht nur an Lebensqualität, sondern senkt auch das Risiko für schwere Folgeerkrankungen deutlich.

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